1788

Im Dorf Bünningstedt kam es nach 1788 bei den 15  Hufnern zu fünf Hofaufgaben, davon vier Konkurse. Die erste Hufe (A), die aus Altersgründen von ihrem Wirt im Jahr 1801 verkauft wurde,  wechselte danach bis 1806 siebenmal den Besitzer, bevor schließlich Joachim Bobsien nach vierjähriger Bewirtschaftung 1810 damit Konkurs anmelden musste. Hinrich Peter Dabelstein ersteigerte diese Hufe, die dann für den gesamten weiteren Untersuchungszeitraum dieser Arbeit in Familienbesitz verblieb.

Von den weiteren Bünningstedter Hufen meldeten 1816 zwei Hofwirte Konkurs an (E und F), ein dritter folgte 1817 (G). Einen fünften Hof (I) kaufte der Gutsherr, bevor der überschuldete Betrieb in Konkurs gehen konnte. Diese drei in Konkurs gegangenen Hufen  ersteigerte der Ahrensburger Gutsherr Carl Schimmelmann und vereinigte sie mit der 1817 angekauften Hufe zu einem herrschaftlichen Vorwerk, dass er nach seiner Frau Fanny „Fannyhof“ nannte.

Im Jahr 1819 verkaufte Hans Wölken im Alter von 46 Jahren seine seit 1772  von seinem Vater bewirtschaftete Hufe. Er gab den Betrieb auf, weil er kinderlos war und also keinen direkten Nachfolger hatte. Diese Hufe wurde in der Folge ein weiteres Mal verkauft, und zwar 1836. Der Hufner Ahrens hatte 1829 in eine andere Volle Hufe eingeheiratet (B), und 1838 verkaufte er seine alte Hofstelle. Insgesamt verblieben neun der zehn Hufen bis 1873 im Besitz der sie bewirtschaftenden Familien. Sechs der Hufnerfamilien hielten ihre Hufen nicht erst seit der Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahr 1788, sondern bereits seit der Verkoppelung im Jahr 1766, und vier dieser Hufnerfamilien waren sogar schon seit der Egalisierung durch Detlev Rantzau im Jahr 1747 Wirte ihrer Hufen.

Von den fünf neuen Hufen (A, G, J, K, L), die der Schatzmeister im Rahmen der Verkoppelung 1766 hatte anlegen lassen, ging eine Hufe zurück an den Gutsherren. Zwei der Hufen wurden aus Altersgründen von ihren Hofwirten an neue Besitzer verkauft. Zwei der Hufen blieben dauerhaft in Familienbesitz. Das heißt, dass es für die Entwicklung der Hufenwirtschaft nach den Agrarrefromen egal war, wie lange der Hof schon bestanden hatte und die Hufnerfamilie ihn bewirtschaftet hatte: Auch für die relativ neuen Hufen traf ungefähr proportional das ein, was den länger bestehenden Hufen widerfuhr.

Somit waren im Dorf Bünningstedt nach der Vererbpachtung im Jahr 1788 bis zur endgültigen Reallastenablösung im Jahr 1873 sechs Hufen von einmaligem oder wiederholtem Besitzerwechsel außerhalb der Familie betroffen. Und obwohl es gesetzlich als Verstoß gegen die Bauernschutzklausel verboten war, gingen mit den zum Fannyhof zusammengefassten vier Hufen mit rund 220 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche immerhin rund  27 Prozent der Hufen

aus bäuerlicher Bewirtschaftung in gutsherrschaftliche Bewirtschaftung über. Die Niederlegung einer bäuerlichen Hufe und die Einziehung zur Gutswirtschaft wurde eigentlich mit 500 Reichstaler Strafgeld geahndet, wohl ein Grund dafür, weswegen die Ahrensburger Gutsherren nach der Einrichtung vom Fannyhof für die offizielle Familienstellenstatistik immer nur von vier verpachteten Hufen sprachen und den Meierhofpächter als „Hufenpächter“ deklarierten.

Die meisten Hofverkäufe und alle vier Konkurse von Hufen ereigneten sich während der napoleonischen Kriegszeit oder kurz danach bis zum Jahr 1819.  175 Soldaten und Offiziere der alliierten Truppen brachten es im Ahrensburger Gut allein im Dezember 1813 auf 665 Übernachtungen allein auf Bünningstedter Höfen. Inwieweit die 185 Reichstaler, die die Bünningstedter Bauern als Vergütung für diese Übernachtungen erhielten, die angefallenen Kosten kompensieren konnten und ob dieser Betrag jemals ausgezahlt worden ist, lässt sich anhand der Quellen nicht mehr verfolgen, zumal mit dem Betrag auch noch zahlreiche Fuhren der spannfähigen Ahrensburger Bauern abgegolten werden sollten. Eine mäßige Ernte im Jahr 1815, eine Missernte im Jahr 1816 und die erfrorene Wintersaat für das Jahr 1817 erschwerten die Situation der in wirtschaftliche Bedrängnis geratenen Bünningstedter Hufner.

Nur eine einzige Bünningstedter Hufe wird  ausserhalb der Kriegs- und Krisenzeit verkauft: Im  Jahr 1838 verkaufte Hufner  Ahrens seine Hufe (L), die er 1819 erworben hatte. Ahrens hatte 1829 in eine Bünningstedter Hufe eingeheiratet (B) und 1838 seine erworbene Hufe wieder verkauft an Hofwirt Voß.

Alle Bünningstedter Konkurse ereigneten sich im Zusammenhang mit den Auswirkungen der napoleonischen Kriege und der Missernten 1816 und 1817 auf die landwirtschaftliche Produktion. In Bünningstedt vollzog sich damit im Kleinen, was landesweit an der Tagesordnung war. Rolf Gehrmann hat bereits auf die allgemeine Zunahme der Konkurse in Schleswig-Holstein während der napoleonischen Kriegsjahre insbesondere zwischen 1804 und 1815 hingewiesen. Ausdruck dessen waren auch die fallenden Preise für Güter, Höfe und Grund und Boden, die in den Provinzialberichten der 1820er Jahre beklagt wurden: Nach der Hochphase der  Güterspekulation zu Beginn des 19. Jahrhunderts fielen allein in der Zeit von 1803 bis 1823 in Schleswig-Holstein die Preise für größere Güter um die Hälfte, und  „die Häufung von Zwangsverkäufen drückte die Bodenpreise schon bis zum Jahre 1822 im Herzogtum Schleswig bis auf den vierten Teil, in Holstein bis auf den dritten Teil derjenigen Werte, die sie vor zwanzig Jahren gehabt hatten“.
Neun von 15 Hufen, also 60 Prozent der 1788 von der Auflösung des gutswirtschaftlichen Systems in Bünningstedt erfassten Hufen, blieben im Besitz derselben Bauernfamilie, die sie auch zu jenem Zeitpunkt bereits bewirtschaftet hatte. Mit elf von 15 Hufen blieben rund 73 % der Bünningstedter Hufen nach den Agarrefromen des ausgehenden 18. Jahrhunderts im Verlauf des 19. Jahrhunderts in bäuerlichem Besitz. Diese elf verbleibenden Hufen, die bis 1875 im Flurbuch aufgezählt wurden, verfügten zu diesem Zeitpunkt über Land in der Größenordnung von 48 bis 53 Hektar, also über eine Fläche in genau der Größenordnung, die sie 1788 erhalten hatten.
Quelle:
Angela Behrens: Das Adlige Gut Ahrensburg von 1715 bis 1867, Stormarner Heft Nr.  23, Neumünster 2006